Dienstag, 12. April 2016

Altlasten

Mitunter hat man nicht die Zeit, die man bräuchte, um alles zu Papier zu bringen, was man eigentlich festhalten möchte. So steht immer noch mein Post aus zum ersten Tag auf der Insel nach dem anstrengenden „Fahrtag“ mit 936 Kilometern am Stück (3-mal 300 mit zwei Pausen dazwischen).

Aber vielleicht kann ich das verknüpfen mit dem Bericht zum gestrigen Tag. Denn an beiden Tagen stand eine Radtour nach Nordby auf dem Programm. Genauer gesagt, stand sie am ersten Tag nicht „auf dem Programm“; ich hatte an eine kleine Tour zum Skovlegeplads gedacht, wurde aber „überredet“.
Morgens war das schon losgegangen: statt einem soften Joggen, einer kleinen Runde von 1,5 km, wurde ich „überredet“ zu nahezu 4,5 km. Es gibt eben Menschen, die wollen gleich alles jetzt und sofort und möglichst an einem Tag erledigen, Carpe diem, die „Eintagsfliegen“ sozusagen (für diese Spezies ist das existenziell).
Nun denn! Gewehrt hab‘ ich mich nicht sonderlich, denn natürlich ist es höchst interessant, was sich seit Oktober letzten Jahres in der Inselhauptstadt und Umgebung so alles getan und verändert hat.

Das Erste, was unterwegs auffiel, war die (begonnene) Ausdünnung des Grünstreifens zwischen Fahrradweg und Straße. Wohl kontrovers diskutiert wurde das auf der Insel. Uns gefällt’s. Der Weg ist heller, der Blick ist weiter. Ein Nachteil jedoch zeigte sich gestern, und das gleich heftig: Bei Ostwind ist der relative Windschutz weg.
Gestern war gar ein Teil des Fahrradweges gesperrt ob der Fortsetzung dieser Arbeiten. Ziemlich brutaler Kahlschlag.

Kahlschlag auch in Nordby bei Hovedgaden/Brigvey.
Unser lieber Uwe Apel hat sein wunderbares Bernstein-Geschäftchen aufgegeben. Wir wussten das zwar vorher schon (Uwe Apel gået på pension), aber es jetzt zu sehen, diese Leere hinter den sonst so schön mit Rav gefüllten Fenstern, das schmerzte. Nahezu vierzig Jahre lang war er eine feste Größe bei unseren Aufenthalten auf Fanø; schön, bei ihm zu gucken, zu stöbern, etwas zu erstehen, mit ihm zu plaudern (immerhin ist er genauso jung wie ich). Er kannte uns, freute sich immer, uns zu sehen. Ohne dieses Schmuckkästchen ist Fanø nicht mehr das was es war.

Und wenn ich zu lange bei ihm verweilte, vergnügten sich die Damen bei Fanø Blomster. O jesses, auch das ist nicht mehr da. Welch ein schönes Geschäftchen war das gewesen.
Übrigens ist in Google Maps das Blumengeschäft immer noch dort wo’s war und nicht wo’s jetzt ist (bräuchte mal ein Update): Dort, wo zuvor der Brugsen war, der in einen schicken Neubau umgezogen ist. Im Vergleich zu vorher dem doch recht kleinen Domizil jetzt riesig, aber wieder fein und ideenreich ausgestattet. Jedoch das Flair im alten Gemäuer, das ist nicht mehr da. Vorher sowas wie ein kreativer „Tante-Emma-Laden“, jetzt eher mit dem Touch eines Gartencenters.

Blomster neu

Ich denke, Fanø wäre gut beraten, noch mehr dafür zu tun, den originären Charme zu bewahren, statt sich mehr und mehr dem Proporz der modernen Zeit und des Tourismus zu ergeben. Ja, gewiss, das ist ein schwieriger Balanceakt.

Natürlich war die erste Tour und auch die gestrige mit einem „Besuch“ des Super Brugsen verbunden. Ich wurde wieder mal dazu „überredet“.
Es gibt Menschen, die kannst du morgens im Supermarkt abgeben und abends wieder abholen, es wurde ihnen nicht langweilig, und in dieser Zeit haben sie fast nichts gefunden, einen Einkaufswagen brauchen sie nicht.

Orangensaft-Tankstelle
im Super Brugsen
Neuerdings kann ich die Wartezeiten, auch z. B. beim Slagter, mit einem Sinn verknüpfen. Ich gehe an die dortigen Tankstellen.
Beim Slagter eine leckere Tasse Kaffee zapfen oder einen frisch gepressten Orangensaft. Eine geile Maschine haben die da, oben liegen die ganzen Orangen, und unten kann man sich den daraus frisch gepressten Saft in Flaschen abfüllen. Diese Maschine gibt’s auch im Super Brugsen. Für das anstrengende Fahrradstrampeln ein köstlicher Energydrink, gewiss besser als die isotonischen Powerdrinks à la Red Bull und Konsorten.

Letztes Jahr durfte ich im Turistbureau VisitFanø einen schönen Faltplan mit den Fahrradtouren mitnehmen, umsonst. Heuer kostet er 10,- DKR.  Das sind „Peanuts“, gemessen an den sonstigen Preisen (Fanø ist eines der teuersten Urlaubsziele in ganz Europa; vor Jahren hatte es gar den Spitzenplatz inne).
Wenn das dazu beitragen kann, dass die Insel in ihrer Schönheit erhalten werden kann, gerne!

Heute ist wettermäßig ein absolutes Kontrastprogramm zu dem herrlich sonnigen Gestern. Grau, regnerisch und kalt.
Mein Vorschlag, zu „Victoria's Palace“ nach Nordby zu fahren wurde kommentiert mit „Mit dem Fahrrad!“
Dieses Mal lasse ich mich aber nicht „überreden“!
Auf geht's, mit dem Auto!

Nachtrag:
Es kam wie es kommen musste. Museale Locations wie „Victoria’s Palace“ haben ja eher selten was anderes, Neues. Wenn man da schon oft war, wird das weniger reizvoll, und man ist viel schneller wieder draußen als beim ersten Mal.
Ganz anders aber die Tempel unserer Zeit.
Auf unserem Weg lagen „Spar“, „Rudbecks“ und der „Kunstladen“. Die haben immer etwas Neues; wenn nicht, dann wenigstens neue Preise, Tilbuds.
Ich ließ mich „überreden“.
Beim Verlassen des Kunstladens dachte ich: „Was der Baumarkt für den Mann, ist der Kunstladen für die Frau!“. Wobei es mit der Kunst so eine Sache ist.
Damit ich nicht missverstanden werde: Im Kunstladen gibt es sehr schöne Sachen. Ich selbst hab' heute ein Kleinigkeit erstanden. Dazu aber mehr im nächsten Post.

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