Donnerstag, 21. April 2016

Meerkatze

Kennen Sie das »Projekt Gutenberg«?
„Texte in deutscher Sprache von mehr als 1000 Autoren stehen im HTML-Format zur Verfügung“ heißt es im Google-Suchergebnis. Kostenlos (werbefinanziert).

Unter anderem auch die Märchen von Hans Christian Andersen:
»Sämmtliche Märchen. Einzige vollständige vom Verfasser besorgte Ausgabe«.
Ich bin Märchenfan, auf meinem Kindle am PC habe ich jede Menge Märchensammlungen, und neben Andersen natürlich Gebrüder Grimm usf.
Wie kommt der jetzt auf Märchen, werdet ihr fragen. Klar doch, wegen der Meerkatze.

Wir reden auf der Insel auch über das Essen; unter anderem auch über Fisch.
Asger empfahl einen Fisch, der sei köstlicher als köstlich; das dänische Wort dafür haben wir nicht verstanden, aber er übersetzte es mit Meerkatze. Meerkatze? Um Gottes willen, da muss in der Kommunikation etwas schiefgelaufen sein. Meerkatzen, das sind doch Affen. Die leben doch in Horden in Afrika und nicht in der Nordsee.
Wer traut sich schon, bei Fanø Fisk in Nordby nach Meerkatzen zu fragen. Die halten einem womöglich für bescheuert. Also haben wir Hellefisk u/skind gegessen, auf Deutsch Heilbutt (ohne Haut).

Meerkatze ein Fisch? Meerkatze ein Affe? Oder eine Katze, die am Meer zuhause ist?
„Meerkatze“ gegoogelt, da kommen natürlich die Affen. Mit „Meerkatze Fisch“ kaum Treffer.
Einer davon ein Text auf „Projekt Gutenberg“, nämlich das Märchen „Die große Seeschlange“ von Hans Christian Andersen. Upps! In einem Märchen? Asger wird uns doch keinen Bären aufgebunden haben, also einen Affen, nee, eine Katze?

Gleich meine Andersen-Märchen (angebliche Gesamtausgaben) via Kindle auf den Schirm geholt, aber dieses Märchen war nicht dabei. Noch eine weitere downgeloadet, ... und noch eine (die Kindle-E-books sind sehr billig für Werke jenseits des Copyright), ... und schließlich fand ich das Märchen. Und nach „Meerkatze“ gesucht, null Treffer. Wie das?
In der Fassung dieses Märchens bei Projekt Gutenberg tauchte die Meerkatze 4-mal auf, in der anderen nicht. Mühsamer Textvergleich.
Die viermal „Meerkatze“ in der einen Fassung (Gutenberg) hießen dreimal „Katzenhai“ und einmal „Seekatze“ in der anderen Fassung. Vor lauter Katzen wird man ganz trudelig.
Da sieht man mal, wie verschiedene Übersetzer unterschiedliche Fassungen produzieren. Leider ist es mir nicht gelungen, den dänischen Urtext aufzutreiben.
Hilfe! Hat jemand das Märchen auf dänisch?

Der nächste Anlauf war, über die Fische in der Nordsee zu recherchieren. 250 (!) Arten gibt es, jesses.
Eine Meerkatze ist da nicht gelistet. Aber eine Seekatze. Ich gehe nach jetzigem Stand davon aus, dass das synonym verwendet wird.
Also See- oder Meerkatze. Andersens Seeschlange könnte ja auch Meerschlange heißen.
Aber mein Gott, ist das ein hässliches Vieh. Und einen Giftstachel hat es auch noch. Nie und nimmer werde ich sowas essen.

Das Märchen „Die große Seeschlange“ beginnt wie alle Märchen beginnen sollten:
Es war einmal ein kleiner Seefisch aus guter Familie, des Namens entsinne ich mich nicht mehr, den müssen die Gelehrten dir sagten. Der kleine Fisch hatte achtzehnhundert Geschwister, alle gleich alt; sie kannten ihren Vater und Ihre Mutter nicht, sie mußten gleich selber für sich sorgen und umherschwimmen, aber das war ein großes Vergnügen für sie. 
Und es endet
Ganz tief unten erstreckt sich die Schlange, eine sagenhafte, segenspendende Riesenschlange, die sich in den Schwanz beißt, indem sie die Erde umschließt. Fische und kriechendes Gewürm rennt mit der Stirn dagegen, sie verstehen die Dinge von oben doch nicht: der Menschheit gedankenerfüllte, in allen Sprachen redende und doch lautlose Schlage der Erkenntnis des Guten und Bösen, das wunderbarste von allen Wundern des Meeres, die große Seeschlange unserer Zeit.
Anmerkung:
Die gelb unterlegten Passagen sind Zitate aus der Version des Projekts Gutenberg. Fehler sind unverändert übernommen, wie z. B. „rennt“ statt „rennen und (?) „Schlage“ statt „Schlange“.
Nichtsdestotrotz erahnt man, warum manche Andersen-Märchen nicht Furore machten. Sie sind mitunter arg schwer zu verstehen. Vielleicht ist das aber auch der Übersetzung geschuldet.
In einer anderen Version (von BoD = BOOKS on DEMAND) steht das wie folgt:


Eigentlich müsste das „Mitgardschlange“ heißen, die weltumspannende Seeschlange der germanischen Mythologie.
 
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Zum Abschluss noch ein kleines Rätsel:
Was ist das?
Das haben wir heute in der Gårdbutik erstanden.
Es ist 7,5 mal 4,5 Zentimeter klein.

Also in DK gekauft, aber Made in Germany.

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